Patriarchat und Faschismus


Einleitung

Die Wahlergebnisse in Thüringen und Sachsen, die Verschärfung der Kontrollen an den deutschen Außengrenzen, immer mehr Abschiebungen und Neonazis die zu Hunderten durch die Straßen Bautzens oder Pirnas ziehen. Der politische Rechtsruck, vor dem am Anfang des Jahres noch mit riesigen Demonstrationen gewarnt wurde, verfestigt sich zunehmend und wird nicht nur in der Gesellschaft Ostdeutschlands immer sichtbarer, sondern auch im Regierungskurs der Ampel, welche immer weiter auf Rüstungsausgaben setzt und den Menschen ihr Bürgergeld streichen möchte. Die immer weiter eskalierenden Kriege weltweit sind zudem Ausdruck einer Welt, welche durch patriarchale Konkurrenz und Machtansprüche geprägt ist. Männer ziehen zu tausenden an die Front oder töten einander über Drohnen aus der Ferne. Dies alles geschieht im Namen des „Vaterlandes“, um die Profit- und Machtansprüche ihrer jeweiligen Herrschenden zu verteidigen.

Gleichzeitig steigt die Zahl der Femizide, also den Morden an Frauen aufgrund ihres Geschlechts, auf jeden zweiten Tag in Deutschland an. Zufall? Sicher nicht! In Zeiten der Krisen, hat die Gewalt an Frauen schon immer zugenommen, denn faschistische und patriarchale Tendenzen gehen Hand in Hand. Anstatt dass die Gesellschaft in Zeiten von Krisen Raum hat, die Wurzeln dieser zu ergründen und zu bekämpfen, präsentiert sich der Staat seit je her als Retter in der Not. Der Staat, der meist erst für die Probleme verantwortlich ist, baut seine Befugnisse in Zeiten der Krisen immer weiter aus, dies konnten wir nicht zuletzt während Corona oder auch kürzlich nach dem Attentat in Solingen beobachten.

Die Situation der Frau

Wir leben hier in Deutschland, in einer durch Konsum und männliche Dominanz geprägten Gesellschaft. Während immer mehr Geld in den Ausbau von Tech-Konzerne oder in die Rüstungsindustrie fließt, sind Beratungsstellen für Betroffene sexualisierter Gewalt chronisch unterfinanziert und zudem existieren viel zu wenige Frauenhäuser. Doch dies ist kein Versagen des Staates, es ist vielmehr seine logische Konsequenz als System, welches auf der Ausbeutung der Frau basiert.

Wohl jede junge Frau weiß wie es sich anfühlt, allein auf ihre äußere Erscheinung reduziert zu werden und musste bereits sexualisierte Gewalt erleben. Sei es der Blick auf der Straße oder die Hand auf dem Oberschenkel. Wir leben in einer Zeit, in welcher uns gesagt wird, wir seien frei, wir würden in einem freien Land leben. Aber was ist das für eine Freiheit, wenn wir gleichzeitig davor gewarnt werden bei Dämmerung durch die Straßen zu laufen?

Frauen sind in der heutigen Gesellschaft alles andere als frei. Wir werden auf der einen Seite durch das Konstrukt der Kleinfamilie ins „Private“ gedrängt und durch unbezahlte Arbeit ausgebeutet. Auf der anderen Seite werden wir zur reinsten Ware degradiert. Dies sehen wir allein in der Wortwahl sehr deutlich. Beispielsweise, wenn wir sagen: „Ich bin wieder auf dem Markt“. Die Logik des Konsums zieht sich durch unser gesamtes Leben und macht auch nicht vor unseren Körpern halt. Wenn wir durch die Straßen laufen, dann blickt uns meist von jedem Werbeplakat eine halbnackte Frau an, welche uns mit einem Lächeln dazu animieren möchte, irgendetwas zu kaufen. Während der Mann seine Arbeitskraft verkaufen muss, ist die Frau dazu gezwungen ihren gesamten Körper zur Ware zu machen. Den Höhepunkt dieser Vermarktung der Frau können wir nicht zuletzt in der Pornoindustrie beobachten. In dieser wird die Frau auf jede erdenkliche Art und Weise erniedrigt, als Sexualobjekt dargestellt, welches es zu beherrschen und unterwerfen gilt. Diese erniedrigenden Praktiken, werden zudem häufig noch als emanzipatorische Schritte verkauft, wodurch die Gewalt und Machtdynamiken vollkommen verschleiert werden. Es geht darum zu beherrschen oder beherrscht zu werden, eine Dynamik die wir in vielen menschlichen Beziehungen sehen können.

Heute wird Frauen verkauft, sie könnten auch eine Position in Aufsichtsräten ergattern oder Außenministerin werden. Eine Gleichberechtigung, bei der die Frau einfach in das patriarchale System integriert und nach dem Maßstäben des Mannes „erfolgreich“ werden kann. Wurden die Frauen eine lange Zeit erst gar nicht in Bürgerrechten mit gemeint, wie im Römischen Reiches ca. 5. Jhd. v. Chr. oder in der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte im Zuge der Französischen Revolution 1789, wurden sie mit der Zeit immer weiter in dieses integriert und somit zu instrumentalisierten Komplizinnen dieses unmenschlich gewachsenen Systems. Das Patriarchat wird zur Norm erhoben und alles und jede(r) hat sich daran anzupassen.

Beginn des Patriarchats

Dass Menschen einander in einem so strukturellen Ausmaß unterdrücken und ausbeuten, findet seinen Ursprung mit dem Aufkommen des Patriarchats, der systematischen Herrschaft des Mannes. Die Entstehung des Patriarchats ist ein Jahrtausend langer Prozess, welcher sich hier in der Kürze nicht abzeichnen lässt. Zusammenfassend kann man dennoch sagen, dass mit dem Prozess der Sesshaftwerdung und der daraus entstehenden Möglichkeit Eigentum anzuhäufen, in Verbindung mit kriegerischen Mentalitäten, sich das Patriarchat immer weiter verfestigen konnte. Die Frau wurde langsam zum Eigentum des Mannes erklärt, welche sich um das Haus zu kümmern hat und seine Erben großzieht.

Das Patriarchat ist demnach die erste Form der strukturellen Unterdrückung, und somit der Ursprung jeglicher weiterer Unterdrückungsverhältnisse. Das System von Herrschen und Beherrschen wiederholt sich in der Geschichte seit jeher immer wieder, indem Menschen andere Menschen zu Sklaven machen, die Natur bis ans äußerste zerstören oder der Besitzer die Arbeitskraft seiner Angestellten ausbeutet.

Diese Dynamik zieht sich durch die Menschheitsgeschichte und führte zu massenhaften Genoziden, Kolonisierung und Ausrottung ganzer Bevölkerungsgruppen, Kriegen und dem unzähligen Femizid an Frauen in Europa im Zuge der sogenannten „Hexenverfolgung“. Die Welt wurde von Gewalt überzogen, in welcher die Unterdrückung der Frau immer zentraler Bestandteil der Aufrechterhaltung von Macht blieb.

Mit dem Aufkommen der Nationalstaaten im 19. Jahrhundert, bekam die Unterdrückung der Herrschaft eine neue Qualität. War zuvor, zumindest auf Deutschland bezogen, die Herrschaft durch bspw. Preußen gewaltvoll und ausbeuterisch, so war der Staat bis dahin nicht in jedem Bereich des Lebens der Menschen präsent. Mit dem Aufkommen von Nationalstaaten änderte sich dies. Die Menschen wurden zu Staatsbürgern und begannen sich selbst mit dem Staat zu identifizieren, indem dieser sich in jegliche Angelegenheiten begann einzumischen, von der Gesundheitsversorgung bis zur Eheschließung. Heute ist der Staat in fast jeder unserer Interaktionen und in jeder Beziehung involviert, wir können es uns anders gar nicht mehr vorstellen und nehmen dies schon gar nicht mehr wahr.

Der Faschismus ist aus diesem neuen Herrschaftssystem und der daraus resultierenden Gesellschaft erwachsen, daher ist es unerlässlich dieses genauer zu analysieren, wenn wir den Faschismus verstehen und nicht als eine über die Menschen hereingebrochene Naturkatastrophe begreifen wollen. Den Boden bereitet das Aufkommen des Patriarchats bereits vor ca. 5.000 Jahren und mit der Nationalstaatswerdung, wurde die spezifische ideologische Grundlage geschaffen. Nationalzugehörigkeiten wurden zu der wichtigsten Identifizierung erhoben, indem ganze Kulturen ausgelöscht und assimiliert wurden. Es wurde ein Innen und ein Außen manifestiert. Der Faschismus baute damals, wie heute, genau auf dieser Gleichsetzung der Gesellschaft mit dem Staat und der Abgrenzung nach Außen auf.

Deutscher Faschismus

Zur Zeit des Nationalsozialismus wurde die Frau in den „Privatraum“ gesperrt und hatte sich für das Wohl der „Volksgemeinschaft“ aufzuopfern. Frauen wurden auf ihre Rolle als Mutter reduziert und sollten als „Gebärmaschinen“ die Nachkommen des Deutschen Reichs sicherstellen.

Auf der anderen Seite lohnt es sich einen Blick auf das Männlichkeitsbild zur Zeit des deutschen Faschismus zu werfen. Klaus Theweleits beschreibt in seinem Buch „Männerphantasien“ aus dem Jahr 1977, die Verbindung von Männlichkeit und Faschismus. Er analysiert in seinem Buch Literatur der Freikorps und was diese über die faschistische Entwicklung bis zur Machtübergabe 1933 an die Nationalsozialisten aussagt. In dem Buch zeigt Theweleits auf, dass Faschismus nicht einfach die Verkörperung des Bösen ist, wovon sich heute gerne entschieden abgegrenzt wird. Er analysiert viel mehr, wie Männlichkeitsideale von Macht und dem Hang zur Gewalt, gepaart mit einer stetigen Angst, Männer zum Faschismus verleiten. Zudem spielt die soldatische Männlichkeit eine zentrale Rolle, bei welcher es um Gehorsam und Gewalt geht.

Mit Adolf Hitler als dem „Führer“, dem „starken Mann“ an der Spitze des Deutschen Reiches, war das Bild wie ein Mann zu sein hat klar. Während der Mann Untergebener des Reiches war, war er der „kleine Herrscher“ in den eigenen vier Wänden, welchem sich die Frau und Kinder unterzuordnen hatten.

Und dennoch ist das Patriarchat im Faschismus nicht nur die explizite Unterdrückung der Frau. Der Holocaust und die systematischen Ermordungen in Osteuropa von Millionen von Menschen erwuchsen ebenfalls auf der Grundlage einer Ideologie von Unterdrückung. Der Faschismus ist Ausdruck einer patriarchalen Logik, welche erst die systematische Unterdrückung und Vernichtung ganzer Menschengruppen hervorgebracht hat.

Und Heute?

Mit Blick auf die heutigen Verhältnisse, ist die Unterdrückung der Frau stets allgegenwärtig, und dennoch hat sie sich einen neuen Anstrich verpasst, um in der „freiheitlich liberalen“ Gesellschaft akzeptiert zu werden.

Auch wenn wir uns heute anschauen, was die Neue Rechte von sich gibt, dann ist das Bild der Frau sehr ähnlich zu dem in Zeiten des Nationalsozialismus. Von Seiten der Identitären Bewegung (IB) um Martin Sellner, wird stets ein traditionelles Frauenbild „tradwife“ gezeichnet, nach welchem Frauen in der Mutterrolle ihre Bestimmung finden. Die IB bis hin zur AfD setzen immer mehr auf unterschwelliger Propaganda, durch welche antifeministische Haltungen gerne von rechten Influencerinnen wie Michelle Gollan oder Charlotte Corday, durch Modetipps in Pastellfarben verbreitet werden. Sie inszenieren sich als starke Frauen, welche sich dennoch klar dem Mann unterordnen.

Dies sind zwar beunruhigende Entwicklungen, die Ursprünge dieses Gedankenguts finden sich dennoch auch mitten in der Gesellschaft und dem sogenannten Mainstream wieder.

Die Frau hat heute in Deutschland in den meisten Aspekten eine formelle Gleichstellung erhalten, diese bedeutet zum einen für bestimmte Frauen einfacher in der patriarchalen Machtlogik mitmischen zu dürfen und zum anderen, ist diese nur formell und die Realität zeigt ein deutlich anderes Bild auf.

Um hier alle Ebenen der Unterdrückung aufzuzählen, könnte man wohl ein ganzes Buch verfassen. Die Beispiele sind endlos, sei es die erst kürzlich an die Öffentlichkeit gekommene Geschichte von Gisèle Pélicot, welche jahrelang von ihrem Mann unter dem Einfluss von Drogen und in ihrer Unwissenheit vergewaltigt wurde, über die Forschung in der Medizin welche überwiegend nach den Körpermaßstäben eines Mannes durchgeführt wird, bis zu dem für alle Frauen im Alltag spürbaren gesellschaftlichen Sexismus. Diese Ebenen zeigen auf, wie tief das Patriarchat alle gesellschaftlichen Bereiche und unser alltägliches Leben durchdringt. Die Schlussfolgerung kann daher nur sein, einen grundsätzlichen Wandel zu fordern.

Dieser Wandel wird seit jeher von den verschiedensten Frauen gefordert und erkämpft. Die Ausbreitung des Patriarchats und die Verfestigung von Faschismus sind niemals widerstandslos hingenommen worden. Wir können dafür unendlich viele Beispiele in der Geschichte finden, jedoch wollen wir noch einen kurzen Blick in die Gegenwart richten.

Überall auf der Welt nehmen Frauen derzeit die Vorreiterinnenrolle im Widerstand gegen die herrschenden Verhältnisse und im Aufbau eines neuen gesellschaftlichen Miteinanders ein. Ob in Belutschistan, wo die Frauen um ihre Selbstbestimmung kämpfen, in Kurdistan, wo sich Frauen unter anderem mit der Waffe in der Hand gegen den Faschismus organisieren, oder auch in Indien, wo Frauen erst kürzlich gegen die massenhaften Vergewaltigungen und die Unterstützung dieser durch den Staat aufgestanden sind. Widerstand hat es in der Geschichte immer gegeben und wird es auch immer geben, eine Tatsache derer wir uns immer sicher sein können. Die Frage ist nur, welche Rolle nehmen wir im Widerstands ein und wie erfolgreich werden wir damit sein.

Also lasst uns aufstehen!


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